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Studie: Muttermilch verbessert schulische Leistungen von Frühgeborenen

Boston– Frühgeborene, die während des Klinikaufenthalts mit Muttermilch gefüttert und später gestillt wurden, hatten in einer Langzeitstudie in JAMA Network Open (2022; DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2022.21608) im Alter von 7 Jahren bessere schulische Leistungen, einen höheren IQ-Wert und weniger ADHS-Symptome.

Kinder, die vor der 33. Woche geboren wurden, sind häufig zu schwach, um gestillt zu werden. Viele verbringen die erste Zeit im Inkubator, wo sie häufig mit einer Ersatznahrung gefüttert werden.

In den letzten Jahren ist das Bewusstsein, dass die Muttermilch die Entwick­lung der Kinder fördern kann, gestiegen. Dies gilt insbesondere für das Gehirn, das in den ersten 12 Lebensmonaten sein Gewicht verdoppelt.

Frühere Studien hatten gezeigt, dass Stillen die Hirnentwicklung von Kindern fördern kann, die zum Termin geboren wurden. Ob dies auch für Frühgeborene gilt, war bisher unklar.



Pädiater vom Brigham and Women’s Hospital in Boston haben hierzu jetzt die Daten einer früheren randomisierten Studie ausgewertet, in der untersucht wurde, ob eine hochdosierte Behandlung mit Docosahexaensäure bis zum normalen Termin die Hirnentwicklung fördern kann (was nach den in JAMA 2009; DOI: 10.1001/jama.2008.945 und BMJ Open 2015; DOI: 10.1136/bmjopen-2014-007314 publizierten Ergebnissen nicht der Fall ist).


In der Studie war genau protokolliert worden, wie viel Muttermilch die Kinder in der Klinik erhielten und wie lange sie später von ihren Müttern gestillt wurden. Die Kinder wurden nach der Geburt bis zum Grundschulalter nachbeobachtet.

Im Alter von 7 Jahren wurden ein Wechsler-Intelligenztest und ein „Wide Range Achievement Test“ zur schulischen Entwicklung durchgeführt. Außerdem wurden die Mütter nach möglichen Zeichen einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ihrer Kinder befragt.


Mandy Brown Belfort und Mitarbeiter haben die Testergebnisse mit den verfütterten Muttermilchmengen und der Dauer des Stillens in Beziehung gesetzt. Dabei zeigte sich eine eindeutige Korrelation: Je mehr Muttermilch die Frühgeborenen erhalten hatten, desto höher war der IQ-Wert und desto besser waren die Leistungen in den Lese- und Rechentests.


Der IQ-Wert stieg mit jeder Milchtagesdosis von 25 ml/kg um 0,67 Punkte. Beim Lesen wurde ein Plus von 1,14 Punkten und beim Rechnen von 0,76 Punkten pro 25 ml/kg täglich erreicht. Im ADHS-Score kam es zu einem Rückgang der

Symptome um 1,08 Punkte im „Strengths and Difficulties Questionnaire“.

Bei einer typischen Tagesmilchdosis der Frühgeborenen von 160 bis 180 ml/kg sind die Ergebnisse klinisch relevant. Die Vorteile summierten sich im Gesamt-IQ und bei den Rechenleistungen auf 4 bis 5 Punkte. Beim Lesen wurde sogar ein Plus von 6 bis 7 Punkten erreicht.


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Die Dauer der mütterlichen Milchaufnahme einschließlich des Stillens war ebenfalls mit besseren Ergebnissen im Lesetest (0,33 Punkte pro Monat), beim Rechnen (0,30 Punkte pro Monat) und in der Rechtschreibung (0,31 Punkte pro Monat) verbunden. Auch hier ergeben sich bei der empfohlenen Stilldauer von 6 Monaten relevante Unterschiede.


Die Ergebnisse stimmen mit früheren Studien überein, die für gestillte Kinder (am Termin geboren) einen um 3,44 Punkte höheren IQ-Wert gefunden hatten (Acta Paediatrica 2015; DOI: 10.1111/apa.13139).

Hinzu kommt, dass frühere Studien gezeigt haben, dass Frühgeborene häufiger Störungen der neuropsychiatrischen Entwicklung haben, zu denen auch eine erhöhte Rate von ADHS-Erkrankungen gehört. Die konsequente Fütterung mit Muttermilch und ein anschließendes Stillen könnten diese Defizite möglicher­weise abschwächen.


Allerdings gilt wie bei allen Beobachtungsstudien, zu denen auch die nachträg­liche Auswertung einer (zu einer anderen Fragestellung durchgeführten) randomisierten Studie gehört, der Einwand, dass sie keine Kausalität herstellen können.


Es ist möglich, dass die Frauen, deren Kinder in der Klinik Muttermilch erhielten und/oder die später zum Stillen bereit waren, sich auch in anderen Bereichen stärker um die Entwicklung ihrer Kinder gekümmert haben.


Quelle: rme/aerzteblatt.de

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