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Rheuma bei Kindern: Wenn der Schmerz den Spaß am Spielen bremst

Von wegen Alterserscheinung: Rheuma kann schon Säuglinge und Kinder quälen und ihnen den Alltag zur Hölle machen. Je früher die Krankheit erkannt wird, desto besser werden Symptome zurückgedrängt und Folgeschäden verhindert.

1. Was ist Rheuma?

Rheuma gehört zu den Autoimmunerkrankungen. Das heißt, das Immunsystem spielt verrückt: Zellen beginnen, körpereigenes Gewebe als körperfremd einzustufen und es zu bekämpfen, was zu einer Entzündungsreaktion führt. Das kann schon die Allerjüngsten treffen und in Hunderten verschiedenen Erscheinungsformen auftreten. Die weitaus häufigste chronische Form bei Kindern ist die so genannte „juvenile idiopathische Arthritis (JIA)“. Das bedeutet, dass eines oder mehrere Gelenke entzündet sind und schmerzen, die Beschwerden vor dem 16. Lebensjahr erstmals auftreten (juvenil) und die Ursache für die Erkrankung unbekannt ist (idiopathisch). „Es ist sehr wichtig, die Krankheit früh zu erkennen“, betont Jürgen Brunner von der Inns­brucker Kinderklinik. Denn die ständigen Entzündungen schaden dem Körper, können die Gelenke, die Sehkraft, letztlich sogar die Organe zerstören.

2. Was sind Alarmzeichen?

Das Kleinkind mag plötzlich nur noch getragen werden, obwohl es schon laufen kann. Das Spielverhalten verändert sich, es wirkt bewegungsfaul, belastet die Beine ungleichmäßig oder hinkt – selbst wenn das nur am Morgen auftritt. Das Kind kann plötzlich den Löffel nicht mehr halten oder will nur noch weiche Sachen essen. Es klagt über Schmerzen, ist gereizt, die Gelenke sind geschwollen und übermäßig warm.

3. Wie wird Rheuma festgestellt?

Oft reiche ein ausführliches Gespräch mit dem Arzt, um den Eltern die Sorgen zu nehmen, sagt Brunner. Es könne ja auch sein, dass die Beschwerden auf eine Infektion zurückzuführen sind (Borreliose durch einen Zeckenbiss etwa), die mit Antibiotika behandelt wird. Sollten die Beschwerden allerdings länger als sechs Wochen andauern und konnten keine anderen Ursachen festgestellt werden, werden zusätzlich Labor- und Röntgenuntersuchungen gemacht.

4. Wie wird Rheuma behandelt?

500 Kinder und Jugendliche werden an der Kinderklinik wegen verschiedener rheumatischer Erkrankungen betreut. Auch wenn die pädiatrische Rheumatologie noch ein recht junges Teilgebiet sei, habe sie in den vergangenen Jahren enorme Fortschritte in der Behandlung gebracht – vor allem, was die Medikamente betrifft, sagt Brunner: „Früher mussten die Kinder lange Krankenhausaufenthalte ertragen, und Cortison war die einzige Arznei, die Linderung gebracht und die Symptome unterdrückt hat.“ Heute gebe es moderne Präparate, so genannte Biologika, „welche die Botenstoffe der Entzündung bekämpfen, so dass man den Kindern ihre Erkrankung nicht mehr ansieht“. Da Biologika das Immunsystem beeinflussen, müssen die kleinen Patienten aber gut durchgeimpft sein. Notwendig ist laut Brunner aber auch die enge Zusammenarbeit verschiedener Fachrichtungen. Da die JIA oft mit Augenentzündungen einhergeht, ist speziell die Augenklinik gefragt.

Begleitend sei vor allem eine Physiotherapie wichtig. Durch die Stärkung der Muskulatur kann Fehlstellungen vorgebeugt werden. Das Problem sei, dass die Eltern für die Physiotherapie zuzahlen müssten. „Dabei ist sie im Vergleich zu den Biologika – Kosten von mehreren 10.000 Euro im Jahr fallen hier an – sehr günstig“, kritisiert Brunner den Selbstbehalt bei der Heilgymnastik. Sinnvoll können auch Ergo- und Psychotherapien sein.

5. Die gute Nachricht:

Die Kombination aus medikamentösen und sonstigen Therapien kann den betroffenen Kindern viel Leid und Schmerz nehmen. Und bei der Hälfte der kleinen Rheumapatienten verschwindet die Krankheit bis zum Erwachsenenalter. Bei wem dies der Fall ist, kann allerdings niemand sagen. „Da hilft uns auch kein Laborwert“, bedauert Brunner. Die Forschung sei aber dran, entsprechende Biomarker zu finden.

6. Rheumaerkrankungen können sich aber auch durch Entzündungen des Bindegewebes (Kollagenose) oder der Blutgefäße (Vaskulitis) äußern.

Diese Formen treten seltener auf, verlaufen oft aber auch viel schwerwiegender. Und dann gibt es noch die Periodischen Fiebersyndrome. Den verschiedenen Aspekten der Krankheit wird sich kommenden Mai die 28. internationale Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie in Innsbruck widmen.

Für Sie gefunden: Quelle: Gesundheit- Tiroler Tageszeitung Onlineausgabe

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